von Susa

Kennt ihr das, euch Nähe zu wünschen und euch anderen mit dem, was ihr tut, fühlt, empfindet zuzumuten? Auch mit den tiefsten Wunden, eigenen Narben, den eigenen Verletzlichkeiten? Authentisch sein, nichts zu verbergen, sich ganz zu öffnen…

Ich war vor einigen Tagen stille Beobachterin, als ein Mann dies in einer Gruppe von achtsamen und empfindsamen Menschen getan hat. Am Ende ist das Gegenteil von dem passiert, was der Mann mit seiner authentischen, tief blicken lassenden und auch mutigen Selbstoffenbarung erreichen wollte: Er wollte Verbindung schaffen. Und doch war die Begegnung keine tief verbundene und achtsame Begegnung mehr, im Gegenteil. Der Begegnungsraum war angefüllt mit Abwehr, Gefühlen der Überforderung, Trauer, Wut und Verletzlichkeiten. Starke Emotionen kamen hoch und wir konnten uns gegenseitig in unseren starken Gefühlen nicht mehr erreichen. Obwohl mehrere, emotional weniger betroffene Menschen versucht haben, die Gruppe ins gegenseitige Verständnis zu führen, in die Empathie und das Wohlwollen füreinander, war dies nicht möglich. Es waren zu viele und zu starke Emotionen im Spiel, die Situation ist entgleist. Dieser emotionale Raum war nicht sicher.

Ich habe für mich einen ganz hohen Erkenntnisgewinn aus dieser Situation gezogen: Wenn ich mich zumute und öffne, bin ICH dann in der Lage, den Raum für alle zu halten? Bin ich in der Lage, mit den Abwehrstrukturen, den Triggern und Gefühlen umzugehen, die meine Offenheit in einer Gruppe auslöst? Oder wehre und werte ich wiederum die anderen in ihren Gefühlen ab, mit der sie sich dann wiederum mir zumuten? Wird es nötig, dass andere mit ihrer Energie und Kraft den Raum für mich halten, damit ich mich zeigen kann? Wird es nötig, dass andere vermitteln, Brücken zwischen mir und den anderen bauen, damit das gegenseitige Verständnis füreinander nicht in heftigen und oftmals schmerzhaften Gefühlen verloren geht?

Mein Wegweiser für den Moment der Begegnung: Kann ich diesen Raum für alle halten, mute ich mich zu. Kann ich das nicht, ziehe ich mich zurück und „dosiere Begegnung“ derart, dass ich mir zutraue, den Raum weiter zu halten und unabhängig davon, wie mein Gegenüber reagiert, mich einfühlen zu können und innerlich verbunden zu bleiben.